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WochenFun 40/2002

vor

Letzte Woche komme ich mal etwas früher von der Arbeit ("Überraschung
Schatz!") und was finde ich vor?

Eine Gruppe von Mittdreissigerinnen hockt in meinem Wohnzimmer, leider alle
angezogen, meine Herzdame mitten unter ihnen, und sie haben einen Halbkreis
um eine Mittdreissigerin gezogen, die neben sich ein Körbchen mit
Plastikartikeln stehen hat. Jede der Damen hat eine Kaffeetasse unseres
besten Geschirrs vor sich stehen, dazu unsere schweineteuren "Rosso-Bianco"
- Gläser, sie knabbern MEINE Salzstängelchen und futtern MEINE Süßigkeiten
und haben ob meines Eintretens einen erschrocken-gequälten Gesichtsausdruck.

Bis meine Frau die Worte als erstes findet: "Hallo Schatz, das ist Frau
Mesenkamp (sie deutet auf die Lady mit den Plastikteilen), wir machen
heute unsere "Tupper"-Party."

Ahja. Party. Ohne mich. Tupper. Verstehe.

"Hallo, Frau Mesenkamp" grinse ich die etwas verlegene Dame an, "schön, sie
kennen zu lernen. Darf ich mich dazu setzen?"

Alle Mädels öffnen den Mund, um "Nein" zu sagen, aber ich bin schneller und
sitze am Tisch, bevor eines der anwesenden Hühner reagieren kann.

"Na, dann mal los!" ermuntere ich Frau Mesenkamp. Die hat einen verlegenen
Gesichtsausdruck, lächelt schamhaft und gibt jeder der anwesenden
Hauskauffrauen ein Plastikschüsselchen mit Deckel. Ich kriege auch eines und
stelle es vor mich hin.

"Das ist zum Frischhalten von Lebensmitteln" erklärt Frau Mesenkamp bei der
Ausgabe. "Alles, was sie da rein füllen, wird bei Druck auf den Deckel
luftdicht verschlossen. So können sie Hühnersalat bis zu einer Woche frisch
aufbewahren."

"Oh, ahja" echot die Damenriege und macht die Deckelchen auf die
Schüsselchen und im Nu ist die Luft erfüllt mit poppenden Geräuschen, als
die hühnersalatleeren Plastikteilchen verschlossen und wieder geöffnet,
wieder verschlossen und wieder geöffnet werden. Ich lasse meine
Hühnersalatschüssel zu und trommle ein wenig auf dem Deckel herum. Die
Sitzgruppe hingegen kann nicht genug vom Schüsselchen auf- und zumachen
bekommen.

"Praktisch" meint meine Frau. "Ohja" gibt ihr Frau Mesenkamp Recht.
"Tupperware ist die erste Firma, die diesen luftdichten Verschluss
entwickelt hat und ist heute noch Marktführer auf dem Segment."

Nun, bisher habe ich in noch keiner Börsenzeitschrift Kursnotierungen zum
Segment "luftdichte Essensaufbewahrungsplastikschälchen" gefunden, aber ich
will ja Frau Mesenkamp nicht widersprechen. "Guck mal, Schatz", jubelt meine
Frau "praktisch, oder?"

"Sie können Ihrem Mann da auch Essen ins Büro mitgeben" springt Frau
Mesenkamp bei, die wohl ahnt, was jetzt kommt...... vorsichtshalber setzt
sie noch ein "mein Mann macht das immer so" hinzu.

"Man kann gut darauf trommeln" grinse ich sardonisch "aber der Tag, an dem
Du mir einen eine Woche alten Hühnersalat mit ins Büro gibst, wird der Tag
unserer Scheidung sein." Ich wende mich Frau Mesenkamp zu: "Was soll dieses
Wunderwerk malaysischer Spitzenkonservierungstechnologie denn kosten?"

Das Poppen mit den Deckelchen hat aufgehört. Die Damen schauen mich teils
fragend, teils feindselig an. Preisfragen stellen. Bei so einem
Spitzenprodukt. Wie kann ich nur!

Frau Mesenkamp, die meine Frage irrtümlich als Kaufsignal wertet, strahlt
mich an wie ein Christbaum "bei Abnahme von 10 Stück kostet Sie eine
Schüssel grade mal 2 Euro"

Wie? 2 Euro, damit ich von einem eine Woche alten Hühnersalat keinen
Durchfall kriege?
Ich wiege die lauernd wartende Mesenkamp in Sicherheit: "wie viel kostet
eine Schüssel, wenn ich Ihnen 20 Stück abnehme?" "Oh" sagt die Mesenkamp,
"da muss ich nachschauen" "Tun sie das".

Und während die Herrin der Schüsselchen nach ihrer Rabattliste kramt,
starren die Mammis ihre Gastgeberin mit einer Mischung aus Häme und
Verachtung an. 20 Schüsselchen. Meine Frau blitzt mich zornig an und tritt
mir unter dem Tisch ans Schienbein. Aber jetzt gibt es kein Zurück.

"Naja, Schatz, so oft, wie ich Reste essen muss...."
Hinten kichert die Mutter des besten Freundes meines Sohnes und meine Gattin
wechselt die Gesichtsfarbe.

"Einseurofünfundsiebzich" piept Frau Mesenkamp aus der Kreismitte, aber
jetzt geht es nicht mehr um den Preis. Jetzt geht es um das Prestige meiner
Lebenspartnerin als treusorgende Ehefrau. "Wann hast Du je Reste essen
müssen?" zischt sie. "Wann hat es bei uns je Hühnersalat gegeben, Du kannst
doch gar keinen machen" gebe ich trotzig zurück und beschließe, die
Situation weiter eskalieren zu lassen - mit dem Satz, den jede Ehefrau
nach "ich muss Dir was gestehen" am meisten hasst: "Meine Mutter, die konnte
Hühnersalat machen, der war immer klasse."

"Willst Du damit sagen, dass Dir mein Essen nicht schmeckt?" Erneuter
Gesichtsfarbwechsel. "Naja, bei Dosenravioli kann man ja nicht viel falsch
machen" schlage ich zurück.

Allgemeines, verhaltenes Kichern in der Runde. Nur Frau Mesenkamp schweigt
und überlegt sich, wie sie die Situation entschärfen und ihre Töpfchen doch
noch an Mann und Frau bringen könnte. Aber sie braucht zu lange!

"Mein lieber Mann," die schneidende Stimme meint dabei das Gegenteil von
"lieber Mann", "ich racker mich von früh bis spät ab und mache jedes Essen
frisch und das weißt Du auch!" "Und warum willst Du dann Tuppertöpfchen zum
Frischhalten kaufen? Du widersprichst Dir doch selbst, merkst Du das nicht?"
Frau Mesenkamp hat gespannt, wohin das führt. Nix mit Töpfchenverkauf in der
Damenrunde. Schließlich will sich keine als Resteverwerterin outen. Sie
startet einen letzten Versuch mit "man kann in den Schalen ja auch
Kuchenteig anrühren" aber ich blocke mit "meine Frau kann nur eines noch
weniger gut als Hühnersalat - das ist Kuchenbacken."

Das war's. Meine Frau springt auf, heult, knallt zuerst mir eine und dann
die Zimmertüre und ist weg.

In die peinliche Stille geben die anwesenden Ladys, die mich mittlerweile
für das größte Chauvischwein der Welt halten, ihre Töpfchen Frau Mesenkamp
zurück, diese sackt flugs wie ein Eichhörnchen ihren Ramsch ein, alles
verabschiedet sich mehr oder weniger murmelnd von mir, weil alle noch
gaaaanz wichtige Termine haben, ziehen im Gänsemarsch zur Tür und weg sind
sie. Frau Mesenkamp und ihre Partygirls.

Und ich klopfe mir auf die Schulter. Nichts bei Tupper gekauft!

Absolut am besten :-)

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"Man kann gut darauf trommeln" grinse ich sardonisch "aber der Tag, an dem
Du mir einen eine Woche alten Hühnersalat mit ins Büro gibst, wird der Tag
unserer Scheidung sein."

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